Heute: Der Stammvater.
Hubraum ist ja bekanntlich durch nichts zu ersetzen. Ausser durch noch mehr Hubraum.
Wie nicht nur wir Mustang Fahrer wissen eine Weisheit, die bis heute Bestand hat.
Die französiche Firma Darracq erkannte das bereits Anfang des 20. Jahrhunderst und entwickelte
1905 für ein Weltrekordfahrzeug aus 2 hauseigenen Vierzylindern den ersten
V8 Motor überhaupt.

- V8 (1).gif (97.2 KiB) 6099 mal betrachtet
Und der hatte es in sich. 200PS bei 1.200U/Min aus unfassbaren 25,4 Litern Hubraum!
Das maximale Drehmoment wurde später mit über 1.100Nm ermittelt!

- Darracq V8 (2).jpg (64.92 KiB) 6099 mal betrachtet
Angesichts dieser Daten waren die Fahrleistungen für die damalige Zeit schlichtweg spektakulär.
Der von diesem Motor angetriebene Darraq 200 war der erste Rennwagen, der fast 200km/h
erreichte.
Insgesamt stellte der Darracq 200 vierzehn Weltrekorde auf.
Man übertreibt wohl nicht, wenn man beim Darracq 200 von einem Motor mit etwas Auto darum
spricht. Vor den Fahrern die es seinerzeit verstanden, ein solches nur 990kg wiegendes Ungeheuer mit Kutschenfahrwerk auf unbefestigten Straßen im Renntempo zu bändigen kann man sich nur in größter Ehrfurcht verneigen.
Das Triebwerk selbst ist in vielen Details wegweisend und sieht - abgesehen von den Überdimensionen - heutigen V8 Motoren in so manchem Details durchaus ähnlich.
Die Konstrukteure bei Darracq waren äusserst innovativ und müssen jedenfalls eine Menge von Motorenbau verstanden haben.

- D200 (3).jpg (81.87 KiB) 6099 mal betrachtet
Der raketenförmige Zylinder über dem Zylinder V ist nicht etwa der Tank sondern der Ausgleichsbehälter für das Kühlwasser.
Der Tank befand sich hingegen hinter den 2 Sitzen. Auf längeren Distanzen hatte ein Beifahrer mittels Handpumpe für ausreichend Überdruck im Tank zu sorgen der das Benzin zum Motor fördert. Benzinpumpen gab es damals ja noch nicht.
Davon dass der Beifahrer sicher nicht unterbeschäftigt war zeugt die XXL Benzinleitung.
Die riesige Schwungscheibe war unverkleidet. Und zwar aus folgendem Grund: Wie damals üblich hatte der Motor nur einen Anlasser per Kurbel. Das Anwerfen war aber ein recht aufwändiger Vorgang und der Pilot hatte neben Kurbeln einiges zu tun. Gemisch anpassen, Zündung verstellen und die Dekompressionsventile bedienen. Daher bevorzugte man nach Möglichkeit den Start mittels eines über die Schwungscheibe gelegten Treibriemens der von einer externen Kraftquelle/Zapfwelle in Drehung versetzt wurde.
Jeder Kolben hat 170mm Durchmesser! Der Hub beträgt hingegen „nur“ 140mm.

- Kolben.jpg (133.04 KiB) 6099 mal betrachtet
Für die damalige Zeit, wo die Motoren meist langhubig ausgelegt waren eine erstaunliche Konstruktion.
Kurzhub muss ja nicht zwangsläufig einen kurzen Hub bedeuten.
Auf dem massiven Block wurden Zylinderbänke bestehend aus je 2 paarweisen Zweizylinderblöcken aufgeschraubt.

- Block.jpg (76.57 KiB) 6099 mal betrachtet

- Zylinderblock.jpg (59 KiB) 6099 mal betrachtet
Die 180 °Flatplane-Kurbelwelle ist dreifach gelagert und misst fast einen Meter Länge.

- Flatplane Kurbelwelle.jpg (33.44 KiB) 6099 mal betrachtet
Die V8 typische 90° Crossplanekurbelwelle war damals noch gar nicht erfunden und kam erst 1923 von Cadillac.
Der Motor verfügt über 2 Arten von Pleueln. Wie es sich für einen echten V8 Motor gehört, treiben immer 2 Pleuel einen Kurbelzapfen an. Die 4 Pleuel einer Zylinderbank sind normale Pleuel ähnlich wie wir sie heute kennen. Die gegenüberliegende Seite verwendet 4Stk Gabelpleuel, die die normalen Pleuel quasi umfassen. Das Pleuelauge ist assymetrisch ausgeführt.

- Kurbelgehäuse.jpg (77.49 KiB) 6099 mal betrachtet

- Gabelpleuel.jpg (40.84 KiB) 6099 mal betrachtet

- dscn1766.jpg (37.04 KiB) 6099 mal betrachtet
Die über Zahnräder angetriebene, untenliegende Nockenwelle macht einen recht rustikalen Eindruck und dreht sich interessanterweise gegen den Urzeigersinn.

- Nockenwelle.jpg (40.53 KiB) 6099 mal betrachtet
Die Stößelstangen sind ebenso wie die Kipphebel und Ventilfedern freiliegend angeordnet.
Ölverbrauch scheint damals nicht das entscheidende Thema gewesen zu sein.
Dafür muss man die Zugänglichkeit für Einstell,- und Wartungsarbeiten - auch dank fehlender Motorhaube - als vorbildlich bezeichnen. Seit 1905 hat sich in dieser Hinsicht Vieles defintiv zum Schlechteren entwickelt.
Aus heutiger Sicht betrachtet kurios ist die Art der Ventile. Damals aber absoluter Stand der Technik.
Während das Auslassventil heutigen Konstruktionen recht ähnlich ist, wird der Einlass mittels einem sogenannten Schnüffelventil - ähnlich wie bei Wasserpumpen - gesteuert.

- Einlassschnüffelventil.jpg (58.51 KiB) 6099 mal betrachtet
Das Benzin-Lufgemisch wurde von 2 Grouvelle & Arquembourg Steigstrom Vergasern aufbereitet, die in ihrer Funktion späteren Stromberg oder SU-Vergasern nicht unähnlich sind.

- Vergaser.jpg (61.02 KiB) 6099 mal betrachtet
Der L-förmige Kühler stammte ebenfalls von Zulieferer Grouvelle & Arquembourg. Dieses Meisterwerk wurde aus Kupferrohren und 9600 (!) angelöteten Kupferplättchen von Hand zusammengefügt. Dafür verging sicher die eine oder andere Stunde Arbeitszeit.

- Kühler.jpg (79.29 KiB) 6099 mal betrachtet

- Kupferplättchen.jpg (74.45 KiB) 6099 mal betrachtet
Ein Stück deutscher Ingenieurskunst steckt ebenfalls im Darracq V8.
Die Zündanlage stammt nämlich von Bosch.

- Bosch Zündsystem.jpg (451.6 KiB) 6099 mal betrachtet
Avantgarde a la 1905. Heute würde man wohl High Tech sagen.
Ach ja, der Soundcheck darf natürlich auch diesmal nicht fehlen:
https://www.youtube.com/watch?v=GAx69e4GN44
https://www.youtube.com/watch?v=KXpg1fFN_7s