Ford 427 Le Mans V8.

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Der siegreiche 427er Sideoiler Ford V8, auf den Kollege @Bullfrog bereits in einem früheren Beitrag hingewiesen hat, gehört zu den bemerkenswertesten Rennmotoren, die jemals beim 24-Stunden-Klassiker von LeMans eingesetzt wurden.
Grund genug, sich noch einmal etwas eingehender damit zu beschäftigen.
Es ist zwar nicht überliefert, wer den Begriff „faule Liter“ erfunden hat, aber dieser Ausdruck beschreibt perfekt das von Ford verfolgte Konzept, welches dieses ikonische Triebwerk so erfolgreich gemacht hat.
Nach einigen peinlichen Ford Fehlschlägen war das Konzept für Langstreckenrennen für 1966 so gut durchdacht, dass Ford 1966 und 1967 endlich in Le Mans gewinnen konnte. Und zwar derart überlegen, dass sich die LeMans Veranstalter gezwungen sahen, ab 1968 den erlaubten Hubraum auf maximal 5Liter zu begrenzen.
Ironie der Geschichte: Der Ford Dominanz tat das keinen Abbruch. Auch 1968 und 1969 gingen die Siege in der Prototypenwertung an den GT40.
Fords Hauptkonkurrenten in jenen Jahren, die Ferrari P3- und P4-Prototypen verwendeten hochgezüchtete Zwölfylinder-Motoren, die über 8000 U / min drehten. Dagegen basierte der Ford-Rennmotor auf einem Serienantrieb, das jedermann im Ford Autohaus um die Ecke kaufen konnte:
Dem Galaxie 427FE V8.
Das Erfolgsrezept war vor allem der Umsetzung einer altbekannten Weisheit geschuldet:
"Nothing beats cubicinches."
Mit großzügig eingeschenkten 7 Litern Hubraum im Vergleich zu den mickrigen 4 Litern der italienischen Vollblüter schüttelte der nur mäßig beanspruchte Ford bei gemütlichen 6400 U/min 485 PS aus dem Ärmel. Das allerdings deutlich hör,- und spürbar.
Angeblich bebte der Boden, wenn so ein Treibsatz mit gezielten Gasstößen angewärmt wurde.
Natürlich gab es ein paar schlaue Modifikationen, um einen simplen Pushrod V8 aus Detroit in die Lage zu versetzen, erfolgreich die schnellsten Rennprototypen der Welt anzutreiben.

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Eine wesentliche Maßnahme war, das Gewicht des massigen V8-Personenwagenmotors der FE-Serie zu reduzieren, was mit Aluminium-Zylinderköpfen, Auspuffkrümmern aus dünnwandigen Stahlrohren, Wasserpumpe und Steuerdeckel aus Leichtmetall sowie einer gegossenen Magnesium-Ölwanne erreicht wurde.
Die leichten Teile reduzierten den Motor von ursprünglich 310kg auf einem Rennwagen besser angemessenere 251kg.
Allerdings addierten sich durch den Einsatz der Trockensumpf-Schmierung wieder 11kg hinzu, was letztlich zu einem Nettogewicht von 262kg führte.
Ford überlegte übrigens auch kurz, den 427 SOHC V8 zu verwenden, aber dieser Plan wurde wegen der größeren Abmessungen und dem höheren Gewicht dieses Triebwerks sowie der aufwändigeren Konstruktion wieder verworfen.
Eine alte aber immer noch gültige Weisheit besagt bekanntlich:
Je weniger Teile verwendet werden, desto weniger können kaputt gehen.
Das Design des Le-Mans-Trockensumpf-Systems war damals insofern neuartig, als sich sowohl die Druck- als auch die Spülpumpe in der Ölwanne befanden. Dadurch wurde eine externe Pumpe und ein aussenliegender Antriebsriemen überflüssig ohne auf die traditionellen Trockensumpf-Vorteile zu verzichten: Minimale Bodenfreiheit, niedriger Schwerpunkt und zuverlässige Schmierung auch bei höchsten Querbeschleunigungen.

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Um ein Leerlaufen des Vergasers in schnellen Kurven zu unterbinden, entwickelte der Holley-Vergaserspezialist Harold Droste spezielle, in der Mitte schwenkbare Schwimmerkammern für den Holley 780 Cfm Vierfachvergaser.
Diese später als Le-Mans-Schwimmerkammer bekannte Anordnung entwickelte sich bald zu einem Merkmal aller Holley-Vergaser und wird in ähnlicher Form bis heute produziert.
Ein weiteres, überraschendes Detail des Le-Mans-Motors ist seine gedrosselte Auslegung und recht milde Abstimmung.
Für ein Renntriebwerk eher ungewöhnlich.
Mit 10,5:1 war das Verdichtungsverhältnis tatsächlich niedriger als beim 425 PS starken Serien Galaxie V8. Die Einlass- und Auslassventile waren etwas kleiner als beim Serienmotor um robuste Ventilsitzeinsätze aus Stahl in den Aluminiumköpfen unterzubringen.
Berichten zufolge war die Nockenwelle ein simples NASCAR Ersatzteil.
Die einzige exotische Komponente in der Kombination war der „Bundle of Snake“ Auspuff, bei dem sich 2 Rohre jeder Zylinderbank zur gegenüberliegenden Bank kreuzten, um die ungünstige Abgasspülung bei Verwendung einer Cross-Plane-Kurbel zu korrigieren.
Diese ausgeklügelte Erfindung von Coventry Climax hatte in der Formel 1 ihren Ursprung, wurde aber von Ford für Indianapolis und Le Mans übernommen.

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Um den auch "The beast" genannten Le Mans V8 bestmöglich auf Langstreckenrennen vorzubereiten, entwickelte Ford einen eigenen, automatisierten Prüfstand, der die unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Belastungszustände der Straßenkurse in Daytona, Sebring und Le Mans simulieren konnte.
Hier ein zeitgenössischer Film, welcher den enormen Aufwand von Ford zeigt:
https://www.youtube.com/watch?v=NxP__UPj7L8
1966 produzierte der Motor 485 PS bei 6400 U/min und 644Nm Drehmoment bei 3600 U/min, was die Ford GT40 in diesem Jahr zu ihrem legendären 1-2-3 Sieg antrieb.
Für 1967 steigerten 2 Holley Vierfachvergaser und einige Detailverbesserungen die Leistung auf über 520 PS.
Eingesetzt in den wunderschönen Ford Mark IV J-Cars.

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Mit seinen „sieben faulen Litern“ gelang es Ford, mehrere Streckenrekorde aufzustellen.
1967 die bis dahin längste je in LeMans zurückgelegte Strecke (5232,9km)
sowie die bis dahin höchste Durchschnittsgeschwindigkeit von 218km/h (über 24 Stunden!) wurde mit dem Biest zurückgelegt.
Mit dem Gesamtsieg in Le Mans im Jahr 1967 gewann der A.J.Foyt/Dan Gurney Ford Mark IV-Prototyp auch die Wirtschaftlichkeitswertung (ja, sowas gab es damals tatsächlich).
Eine vielleicht weniger bekannte Auszeichnung, die normalerweise Rennwagen mit kleinem Hubraum in den Juniorklassen vorbehalten ist.
Der 427 Sideoiler fand somit für immer Eingang in die Hall of fame des Motorsports und wird als
V8 Ikone bis heute zu Recht verehrt.
